Ausstellungsdauer: 11 November 2022 – 21 Januar 2023


Julia Gruners erste Einzelausstellung bei Taubert Contemporary umfasst drei Werkgruppen, die verdeutlichen, dass die Künstlerin konsequent das Medium Malerei hinterfragt. Die Basis dafür bildet ein genuines Interesse an verschiedensten Materialien, die Gruner akribischen Materialexperimenten und -analysen unterzieht. Die Neugier gegenüber den Kernbestandteilen ihres Mediums, reicht dabei bis in die Makroebene von Farbstofflichkeiten hinein. Mit der Lust an
der beständigen Transformation dringt sie damit bis zu den malerischen Parametern selbst vor.

Sie muten wie Sitzkissen an und lümmeln behäbig in den Galerieräumen herum: Julia Gruners „Lazy Paintings“ kann man als einen Kommentar auf das beständige Produktionsparadigma unserer Gesellschaft, beziehungsweise die klischeehaften Vorstellungen von ,müßiger‘ künstlerischer Produktion, verstehen. Die dreidimensionalen, von der Wand auf den Boden
gebrachten Malereien, weisen im besten Sinne ungewöhnliche Farbkombinationen auf: Da steht Giftgrün neben knalligem Pink und abgedunkelten Rottönen. Türkis durchzieht verträumtes Himmelblau und Sonnengelb. Aus einer grauen Farbfläche bricht Lila hervor. Die eigenwilligen Maserungen entstehen durch die Verbindung von wasserbasierter Acrylfarbe mit verschiedenen Ölen (in diesem Fall Erdnussöl), die sich durch ihre chemischen Eigenschaften voneinander
abstoßen. In immer neuen Kombinationen erkundet die Künstlerin die spezifische Reaktion der beiden gegensätzlichen Malmittel und schöpft daraus neue Strukturen der Farbkissen.

Die „Domestic Paintings“ (seit 2020) haben ihren Ursprung im ersten Corona-Lockdown. Abgeschnitten vom Atelier griff Gruner in dieser Zeit auf Materialien zurück, die in den eigenen vier Wänden vorhanden waren und zweckentfremdete sie als Malmaterial. Verschiedene Haushaltsflüssigkeiten wie Putzmittel, Speiseöl, Nagellack oder Honig vermengt die Künstlerin zu farbenfrohen Amalgamen, die sie auf eine Folie aufbringt, hochauflösend scannt und das so erzeugte Bild schließlich druckt. Angesichts der beispielsweise von Zahnpasta geschaffenen, schön geschwungenen „Pinselstriche“ und dem Eindruck abstrakter Malerei gegenüberzustehen, wird zugleich hintergründig die künstlerische Arbeit selbst thematisiert.

Produkte werden in den „Domestic Paintings“ also zu Farbe – ein Gegensatz zur Beschäftigung mit Farbe als Produkt in den „Lazy Paintings“. Farbe wird in Gruners Arbeiten generell als ein breites Spektrum von industriell hergestelltem Künstlerbedarf bis zu alltäglichen Substanzen, wie Lebensmitteln, verstanden. Darin enthalten ist ein grundlegendes Thema von Julia Gruners künstlerischen Arbeiten: Das Nachdenken über die Kategorisierungen „natürlich“ und „künstlich“ – und den ihnen anhaftenden Konnotationen und Hierarchien wie „nutzlos/produktiv“ oder „gesund/ungesund“.
Der Ausstellungstitel „Allergic to peanuts“ verdeutlicht dies ein weiteres Mal. Ist die darin aufgerufene Nahrungsmittelunverträglichkeit auf Erdnüsse als Entfremdung von der Natur zu bewerten oder einfach eine schlaue, „natürliche“ Reaktion der Haut? Mit Pauschalisierungen kommt man nicht gegen die Komplexität der Zusammenhänge an, weder im Leben noch in der Kunst, so das Credo der Künstlerin.

Nicht zuletzt wird das fortlaufende Projekt der „Malwasserkacheln“ in der Ausstellung präsentiert. Ausgangspunkt für dieses war die Frage nach der Umweltverträglichkeit von sogenanntem Malwasser. Immerhin enthält diese Lösung, die beim Auswaschen von Malutensilien entsteht, flüssigen Kunststoff durch den Farbbinder Acryl, wird aber üblicherweise einfach in den Haushaltswasserkreislauf eingespeist. Die Künstlerin musste feststellen, dass keinerlei Wissen oder Bewusstsein über eine alternative Entsorgung besteht. Also entschied sie sich für einen dritten Weg, der Unnützes produktiv werden lässt: Sie bindet das Malwasser mit Gips und gießt sie in leere Wurst- und Käseverpackungen. Nach jedem Arbeitstag entsteht so eine neue Kachel, die zudem auf viele Arbeitsstunden im Atelier verweist. – Romina Dümler

Julia Gruner (*1984 in Lüdenscheid, Deutschland) lebt und arbeitet in Köln, Deutschland

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