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exhibition

Matthias Esch

1988 in Andernach geboren
2003 – 2006 Ausbildung als Weinküfer
2009 – 2015 Studium der freien Kunst in Kassel, Antwerpen und Berlin
2016 Meisterschüler, Weißensee Kunsthochschule Berlin
2018 Master of Letters, Glasgow School of Art

2010 – 2013 Mitglied des „Stellwerk“, Kassel
2012 – 2016 Stipendiat des Cusanuswerks, Bonn
2015 Stipendium, Casa ugo alto, San Stino di Livenza, Italien
2016 Kurator der experimentellen Soundveranstaltung „NO)))“, Berlin
2018 Workshop Leiter an der Sommerakademie Kunsthochschule Weißensee, Berlin
2018 RSA Keith Prize
2018 Stipendium, Dumfries House, Ayrshire, Schottland
2019 Emerging Art Prize, Banditto Gallery
2019 Stipendium, Hickster Project, San Giovanni d’ Asso, Italien

lebt und arbeitet in Berlin

„Diese Gemälde ziehen ihre Kraft aus dem Gegensatz von lebendiger, expressiver Malerei und strengen geometrischen Mustern. Das eine bildet die Grundlage jedes Werks, das andere liegt als striktes Ordnungssystem darüber. In einem symbolhaften Sinn steht dieser Gegensatz für das Spannungsverhältnis zwischen dem Ausdruckswillen und Freiheitsdrang des Einzelnen und den kontrollierenden Systemen der Gesellschaft, von der Familie über die Sprache bis zum Staat. Auf das Individuum bezogen, lässt sich die Gegenüberstellung auch verstehen als der Unterschied zwischen dem brodelnden, triebhaften Unbewussten, dem Es oder dem Traum auf der einen Seite und dem bewussten, kontrollierenden Ich auf der anderen. Das eine ist gekennzeichnet durch die Farbe Rot, das andere durch den „geistigen“ Silberglanz von Perlmutt, das der Farbe beigemischt ist. Nicht zuletzt dieser Glanz ist es, der das Entscheidende dieser Kunst jenseits aller Theorie ausmacht: Sie ist vitale, leuchtende Malerei.“ (Dr. Ernst A. Busche, 2020)

Eschs dynamische Bildkompositionen faszinieren mit ihrem spannenden Dialog zwischen atmosphärischer Tiefe und ihren häufig fragmentarisch abstrahierten Formen. Sie laden uns ein, Fragen zu stellen – reflektieren sie doch Themen wie Identität, Transformation und die Fragilität menschlicher Erfahrung. Gerade in diesen bewegten Zeiten, in denen viele unserer gewohnten und für selbst-verständlich gehaltenen gesellschaftlichen Säulen an Verlässlichkeit einbüßen, sind Eschs Bilder von höchster Aktualität! 

Jeder von uns braucht Struktur im Leben, in der das unfassbare „Gebiet“ der Seelentiefen, unserer Emotionen und unserer Fantasie zu ankern vermag: Eine „Karte“ also, die uns Orientierung schenkt für unseren ganz individuellen Lebenssinn. Solchen Halt gewähren liebgewonnene Routinen, Rituale und alles Wertvolle und Schöne, das wir in unserem Leben haben und in wertschätzender Wahrnehmung bewusst und dankbar pflegen sollten, denn damit können wir aktiv unser Leben positiv gestalten. 

Als zweiten Motor für ein Leben voller Mut und Vertrauen brauchen wir jedoch auch den anderen Pol: Die Besinnung auf unsere ganz persönliche Leidenschaft, auf das, wofür wir brennen. Aus diesem unendlich reichen „Gebiet“ schöpfen wir unsere Kreativität und Inspiration, die unerlässlich sind für eine zupackende Lebenseinstellung in Zuversicht.

Statt auf das Trennende, sollten wir unseren Fokus auf das alle Menschen und Kulturen Verbindende legen – so wie auch die archetypischen Symbole seit Menschengedenken das Wesentliche des menschlichen Seins non verbal für jeden verständlich machen. Auch in Eschs Bildern begegnen wir immer wieder solchen ur-menschlichen Zeichen: Wie die Quadrate und Rauten, die mit ihrer archaischen Zeichensprache die existenziellen Lebenspole zu verdichten scheinen.               

Das Quadrat gilt wie der Würfel als Ganzheitssymbol – es steht für die Schicksalsmacht, das Feste und Unwiderrufliche, die Ewigkeit, bedeutet Stabilität, Beständigkeit und geometrische Perfektion. Die spirituelle Bedeutung der Raute dagegen ist das innere Feuer; mit ihren vier gleich großen Seiten und Winkeln symbolisiert sie jedoch auch Gleichgewicht, Harmonie und Symmetrie. Sie erinnert uns daran, dass alles miteinander verbunden ist und wie wichtig es ist, Vielfalt und Einheit in unser Leben zu integrieren. Beide Pole sind die Basis für die Ausgeglichenheit in unserem Sein – persönlich wie gesellschaftlich.

Haben wir unsere persönlichen Stärken und Werte bewusst im Blick, können wir beherzt neue Wege denken und dann auch durch einen offenen toleranten Dialog mit vereinten Kräften an einer lebenswerten Zukunft bauen. Vermitteln uns diese Bilder von Matthias Esch nicht intuitiv, dass es an der Zeit ist, in bewusster Gestaltung unser Leben selbst in die Hand zu nehmen?

Text: M.A. Barbara Brockstedt

Berlin, im Februar 2025

Matthias Esch, describe pain (leaking)_2022_300 x 200 cm, Mischtechnik/Leinwand
Foto: Matthias Esch

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