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exhibition

vernissage
15.3.2024, 18:00

16. März, 16:00 Uhr: Lesung der Autoren Sonja und Rüdiger Lehmann

Francois du Plessis verwandelt alte Bücher in Kunstobjekte. Dabei kombiniert er Buchrücken, Front- und Rückdeckel, Kapitalbänder und Buchschnitte (das sind die 3 offenen Seiten eines Buchblockes, die nicht mit dem Buchrücken verbunden sind) zu atemberaubenden Plastiken und collagenartigen Wandobjekten.

Jedes dieser Buchkunstwerke kreiert seine eigene, neue „Buch-Geschichte”, die sich aus unterschiedlichen Büchern, deren Material-Beschaffenheiten und der künstlerischen Komposition zusammensetzt und die weit mehr erzählt, als das Auge auf dem ersten Blick wahrnimmt. Ein Buchtitel auf einem Buchrücken kann z. B. einen Hinweis darauf geben, worum es in diesem Buch geht, jedoch bleiben die hinter den Buchrücken gedruckten Geschichten, Gedanken, Emotionen und Erfahrungen aus vergangenen Zeiten in den Plastiken Francois du Plessis‘ verborgen.

Die Farbigkeit seiner Kunstwerke wird durch das Material bestimmt. Die Auswahl des Materials ist beeinflusst von den Erinnerungen an seine Kindheit auf einer Farm in Südafrika. Mit ihr verbindet er die farbenfrohe Kleidung und den Schmuck der Ndebele-Frauen in seiner Heimatstadt Pretoria, deren Farbskala sich in seinen Plastiken wiederfinden. Zum anderen lässt er sich von der unerschöpflichen Ideenvielfalt und Ästhetik der Natur inspirieren. Dafür fotografiert er diese wie ein Maler sein Skizzenbuch benutzt. Viele seiner Arbeiten ähneln Querschnitten eines uralten Baumstammes. Seine Hommage an die „Kunstwerke der Natur” sind in seinen Werken unübersehbar.

„Bücher wirft man nicht weg!”
Mit diesem guten Glaubenssatz sind noch viele von uns aufgewachsen. Somit werden Bücher meist wertschätzender behandelt als andere Konsumgüter. Statt sie in den Müll zu werfen, werden nicht mehr gebrauchte Bücher verschenkt, ins Antiquariat gebracht oder online verkauft. Wo kommt dieser schöne Glaubenssatz her? Liegt es an der unvergleichlichen, historischen Bedeutung des allerersten, mit beweglichen Metalllettern gedruckten Buches – der Gutenberg-Bibel? Oder eher an der Wertschätzung der Kunst von Dichter und Denker, die die Texte in den Büchern verfasst haben? Oder liegt es an den Illustratoren, Layoutern, Druckern und Buchbindern, die mit viel Liebe zum Detail so ein Buch gestalten und produzieren? Liegt es am Material Holz, dass immer wertvoller wird?

In der dunkelsten Geschichte Deutschlands wurden Bücher öffentlich verbrannt, unliebsame Schriftsteller verboten. Die Symbolkraft der Nazikampagne „Wider den undeutschen Geist” verleiht einem auf ewig Angst und Schrecken.

In unserer heutigen digitalen Welt, in der Informationen im Überfluss verfügbar sind, haben Bücher als analoges Medium eine besondere Bedeutung. Der alte Ausspruch „gedruckt ist gedruckt” beschreibt nicht die Verwendung von Text und Druckerschwärze, sondern besagt, dass Bücher Zeugnisse der Vergangenheit sind, ein Medium, um Wissen, Fantasie und Menschlichkeit zu bewahren. Bücher sind Kulturgüter.

„Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels warnt: Allein in den vergangenen vier Jahren habe man vier Millionen Kundinnen und Kunden verloren. Da hilft es auch nichts, dass die verbliebenen Leserinnen und Leser mehr kaufen als früher.” BR24 Kultur 11.08.2023, 12:54 Uhr

Francois du Plessis durchstreift für seine Materialiensuche Flohmärkte, Antiquariate und Nachlässe. Sie zu sammeln ist für ihn wie eine Sucht geworden. Er wählt sorgfältig aus, welche Bücher er verwenden wird. Der literarische Inhalt der Bücher ist für Ihn dabei nicht von Interesse.

„Der einzige Inhalt der Bücher der übrig bleibt, ist der Titel eines Buches den ich gleichzeitig als Titel für mein Kunstwerk verwende.“

Vielmehr interessieren ihn die Farben, die Formen und das Material der Bücher. Die farbigen Buchschnitte (farbige Veredelung von Papierkanten) sind für ihn am interessantesten, denn seine Kunstwerke bleiben unbehandelt, naturbelassen. Einige der Buchschnitte sind mit Worten bedruckt. Der Goldschnitt von Gesangsbüchern verleiht einigen seiner Kunstwerke besonderen Glanz.

Francois du Plessis hebt in der wachsenden digitalen Welt mit seiner analogen Buchkunst die kulturelle Bedeutung des Mediums Buch hervor und lädt uns ein, ihre Aufwertung als Kunstform zu schätzen. Somit sind die Plastiken und Wandcollagen von Francois du Plessis eine Hommage an das Kulturgut Buch.

Mit der Ausstellung „Verborgene Geschichten hinter Büchern“ lädt uns der Künstler auch ein, mal wieder hinter die Buchrücken in unseren eigenen Bücherregalen zu schauen, die dort verborgenen Geschichten neu zu entdecken und deren analoge Schönheit mit Ihren haptischen Gestaltungsmöglichkeiten zu genießen – sprich: ein Buch zu lesen!

Spätestens nach dem Besuch dieser außergewöhnlichen und inspirierenden Ausstellung in der galerie probst, weiß jeder: „Bücher wirft man nicht weg”!

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